Am Abend des 26. Juli 2006 kam es zwischen den Ortschaften Vehrte und Icker bei Belm im Landkreis Osnabrück zu einem stärkeren Sturmereignis,
bei dem mehrere Bäume entwurzelt oder abgeknickt sowie Dächer teilweise beschädigt bzw. abgedeckt wurden. Sowohl Pressemeldungen als auch
der Einsatzbericht der Feuerwehr von Belm geben eine "Windhose" (Tornado) als Ursache an. Die nur einen Tag nach dem Ereignis durchgeführte
Schadensbegutachtung sowie die Befragung von Augenzeugen brachte aber ein anderes Ergebnis zu tage. Darauf möchte ich im Folgenden eingehen.


Fangen wir mit zwei Übersichtskarten an (Bild anklicken für große Karte).
Der Sturmschaden trat im Landkreis Osnabrück (Niedersachsen) auf.

Auf dieser Karte sind die markanten Sturmschäden verzeichnet. Sowohl die Ausdehnung des Schadensgebietes als auch die einheitliche Fallrichtung
von entwurzelten Bäumen und abgebrochenen Ästen in südwestliche Richtung sprechen eher gegen einen Tornado.
Die Befragung der Augenzeugen (die alle das Ereignis im obigen Kartenausschnitt miterlebt haben), hat dies noch untermauert. So wurde
übereinstimmend beschrieben, dass das Sturmereignis sehr plötzlich und ohne jede Vorwarnung aufgetreten sei. Innerhalb von wenigen Sekunden
setzte der Sturm mit gleichzeitigem "unglaublich heftigen" Starkniederschlag ein. Durch den starken Wind wurde der Starkregen noch weiter
zerstäubt, es tritt dadurch der sogenannte "White-Out" Effekt ein, die Landschaft geht in einem weißen Gestöber unter, ähnlich wie bei einem
Schneesturm. Der Sturm war so stark, dass das Wasser durch die geschlossenen Fenster und Türen gedrückt wurde. Nach wenigen Minuten war das
Eregnis dann vorbei.
Das Gesamtbild der Schäden zusammen mit den Angaben der Augenzeugen lässt daher als wahrscheinlichste Ursache einen Downburst (dabei handelt
es sich um starke Fallwinde aus einer Gewitterzelle) erscheinen, ein Tornado erscheint eher unwahrscheinlich. Auf Grund der Schadensfläche
handelt es sich bei diesen Downburst um einen Microburst.
Etwas unsichere Angaben gab es zur Uhrzeit. Zusammen mit der Auswertung der Radarbilder vom Regenradar dürfte sich das Ereignis aber
wahrscheinlich zwischen 20.25 und 20.35 MESZ zugetragen haben. Die Feuerwehren wurden lt. Einsatzbericht der Feuerwehr Belm um 20.40 Uhr
alarmiert.
Im Folgenden möchte ich auf die markierten Positionen von obiger Karte etwas näher eingehen:
Position 1:
Hier waren die Auswirkungen des Downbursts sehr deutlich zu erkennen. Das Maisfeld war in den ersten zwei Metern vom südlichen Rand ausgehend
durch den starken Wind deutlich plattgedrückt. Beim direkt östlich neben dem Maisfeld befindliche Baum wurde ein größerer Ast rausgebrochen.


Position 2
Das Gehöf an dieser Position hat nur leichten Schaden erlitten. Bei einer nördlich angrenzenden Scheune wurde das Dach teilweise abgedeckt.
Ein Baum an der Hofeinfahrt wurde entwurzelt. Größere Äste und Zweige wurden aus den umliegenden Bäumen rausgerissen.

Position 3
Den Baum an dieser Stelle hat es total zerrissen. Eine nähere Begutachtung war leider nicht möglich.

Position 4
Die drei Bäume an dieser Stelle haben starken Schaden erlitten, bei zwei der Bäume wurde die komplette Krone rausgerissen. Man erkennt auf
den Bildern aber deutlich, dass die Bäume bedingt durch Fäule nicht sehr stabil waren. Teilweise waren die großen Äste auch schon auf einen
Haufen zusammengelegt.
Das direkt an den drei Bäumen angrenzende Gemüsefeld hatte ebenfalls deutliche Spuren durch den Downburst, alles war schön in eine Richtung plattgedrückt.



Position 5
Dieser Abschnitt zieht sich über den kompletten Fahrradweg entlang, der direkt nördlich der Straße verläuft. Hier wurden etliche Sträucher
und Büsche auf den Fahrradweg gedrückt, kleinere Bäume wurden abgeknickt. Auch hier war an den Bäumen teilweise Fäulniss erkennbar.




Position 6
Hier hat der Downburst recht kräftig zugeschlagen. Direkt an der Straßenkreuzung wurde ein großer Baum entwurzelt, ein weiterer wurde
abgeknickt - dieser Baum zeigte keine Fäulniss-Spuren. An dem umliegenden Häusern wurden die Dachpfannen teilweise runtergeweht.

Position 7
In diesem Bereich wurde ein kleinerer Wald in Mitleidenschaft gezogen. Hier wurden einzelne Bäume entwurzelt, jüngere Bäume auch abgebrochen.
Teile von Ästen und Zweigen wurden noch ein paar Meter weiter auf das südlich angrenzende Kornfeld verfrachtet.




Position 8
Kleinere Bäume wurden hier abgeknickt oder in Mitleidenschaft gezogen.
Position 9
Hier wurden wiederum größere Bäume entwurzelt, die in den angrenzenden Garten kippten. Die Aufräumarbeiten waren hier schon im vollen Gange,
daher keine Bilder.
Position 10
Hier verlor sich die Spur des Downbursts. In einer Wiese konnte man noch plattgedrücktes Gras erkennen. Da die Richtung des plattgedrücktes
Grases hier auch mit den übrigen Fallrichtungen an den anderen Positionen übereinstimmt, dürfte auch dieses Bild dem Downburst zugeordnet werden.

Die Sturmstärke hat in Spitzen wohl F2/T4 (max. 180 km/h) erreicht (Einschätzung von Martin Hubrig), lag aber ansonsten wohl meist darunter.
Ein Video der Sturmschäden sowie Radarbilder werden die nächsten Tage noch nachgeliefert. Abschließen möchte ich die Dokumentation mit einer
schrägen Ansicht des Schadensgebietes aus Sicht des Downbursts. Farbig markiert sind die Einwirkungen und Sturmschäden dieses Ereignisses.

Alle Karten wurde mit Hilfe von Google-Earth erstellt.
Bilder und Text (c) 2006 Sven Lüke.
Sven Lüke
Skywarn Deutschland